Märchen überwinden Grenzen :

Der Krieg in der Ukraine  hat die größte Flüchtlingsbewegung seit Ende des zweiten Weltkriegs in Europa ausgelöst. Millionen Menschen haben seit Februar 2022 ihr Land verlassen. Menschen von ihnen sind innerhalb der Ukraine auf der Flucht, darunter viele Kinder und Jugendliche.

Bisher sind knapp 1,1 Millionen Flüchtlinge in Deutschland erfasst worden. Darunter haben rund 360.000 Kinder und Jugendliche hier Zuflucht gefunden. Viele von ihnen haben schon die seit 2014 andauernden Kämpfe in der Ukraine miterlebt.

Einige der Kinder und Jugendlichen haben vor ihrer Flucht vor dem Krieg Bombenangriffe erlebt und in Kellern Schutz suchen müssen. Sie haben ihre zerstörte Heimat gesehen und Bombenalarm miterlebt. Sie mussten ihr Heim verlassen, Familienmitglieder und Haustiere und sie konnten nichts aus ihrem Zuhause mitnehmen. Sie haben Heimweh. Sie wissen nicht, ob und wann sie wieder nach Hause kommen können, wann sie ihre Heimat wiedersehen.

Die Kämpfe haben nicht nur viele Leben gekostet, sie haben die Zukunft unzähliger Familien zerstört, vor allem die der Kinder.

Die Umstände, unter denen die Geflüchteten nach Deutschland kamen, waren schmerzhaft und werden auch weiterhin ihre Zukunft prägen. Viele Kinder haben Schreckliches erlebt und sind durch den Krieg und die Flucht traumatisiert. Einige Kinder haben durch die Angriffe alles verloren, manche haben den Tod von Angehörigen und Freunden miterleben müssen. Eine normale Kindheit war und ist ihnen nicht möglich. Sie müssen nun die durch den Angriffskrieg entstandenen Wunden und Narben verarbeiten und ihr emotionales Trauma bewältigen.

Die Kinder und Jugendlichen stehen nun vor der schwierigen Aufgabe, sich in einem neuen Leben zurechtfinden zu müssen: eine neue Sprache, fremde Menschen, ein völlig anderes Leben ohne ihre Familien, Freunde, Haustiere. Diese große Aufgabe liegt nun vor ihnen.

Gern möchte ich einen Beitrag dazu leisten, dass die geflüchteten Kinder Krieg und Flucht und die traumatisierenden Erlebnisse verarbeiten und in ihrem neuen Leben ankommen können. Zusammen mit dem Verein Theater Weites Feld e.V. werde ich geflüchteten Kindern aus der Ukraine ein paar unbeschwerte Stunden schenken, in denen sie Kraft sammeln und sich etwas entspannen können. In denen sie sich mit schönen Dingen beschäftigen und sich kreativ betätigen können.

Mit unserer Idee bieten wir den geflohenen Familien einen positiven, friedlichen, hoffnungsvollen Ansatz, ihren Alltag in einer fremden Kultur zu meistern.

Wir laden die ukrainische und deutsche Kinder ein, Märchenbücher in die Hand zu nehmen, sie gemeinsam anzusehen, zu lesen und ihre eigenen Ideen zu dem Gesehenen mit Buntstiften auf ein Blatt Papier zu bringen. Unser Konzept beinhaltet deshalb auch, dass in den Ausstellungsräumen Tische mit Papier, Zeichenstiften und Bastelmaterial bereitgestellt werden, an denen die Kinder betreut ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Die Kinder werden außerdem die Gelegenheit erhalten, gemeinsam ihre Ideen, Gedanken und Gefühle in kleinen Theateraufführungen auszudrücken.

Durch die Flucht in eine andere Welt, in eine andere Kultur sind die Kinder und Jugendlichen außerdem ihrer kulturhistorischen Wurzeln beraubt. Es ist wichtig, dass die Kinder sich an ihre kulturelle Wurzeln erinnern, sie nicht vergessen, denn sie gehören zu ihrem Leben dazu.

Märchen sind ein großer Bestandteil aller Kulturen. Sie sind so wichtig für die Entwicklung der Kinder. Märchen vermitteln Werte und Regeln, sie geben Kraft und vermitteln Lösungen für Konflikte. In Märchen siegt immer das Gute.

Märchen besitzen eine magische Kraft, die auf die menschliche Seele wie Balsam wirkt. Sie beruhigt, gibt Hoffnung und verschafft optimistische Gedanken. Die über Jahrhunderte überlieferten Erzählungen in Märchenform im Kindesalter vorgelesen, besitzen Magie. Diese Erzählungen im Kindesalter können uns ein Leben lang begleiten. So können Märchen im Kindesalter erste Entdeckungsreisen in unser kindliches Seelenleben werden. Märchen als Schlüssel zu sich selbst und damit mit ganz viel Phantasie die Welt entdecken. Märchen sind an Ort und Zeit nicht gebunden. Die typische Eingangsformel lautet: „Es war einmal…“. Sie öffnet damit die Phantasie so unendlich, wie das Universum.

Ich werde zu unserem Projekt einen Teil meiner gesammelten DDR-Kinderbücher aus der Märchenwelt, hier vor allem aus den ehemaligen sowjetischen Ländern, beisteuern sowie einige meiner Bilder und Collagen.

Wir werden im Oktober in Potsdam und im Brandenburger Raum den Kindern Zeit und Raum schenken, in denen sie in die Welt der Märchen eintauchen und neue Ideen für ihren Alltag mitnehmen können.